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Kundenorientierung und Prozess-Effizienz bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG

Mit verschiedenen Massnahmen hat es die Stiftung Auffangeinrichtung BVG geschafft, sich innerhalb von drei Jahren besser auf Kundenbedürfnisse auszurichten, gleichzeitig die Effizienz zu erhöhen und die Kosten zu verringern. Dabei wurden auch die Mitarbeitenden nicht vergessen.

Daniel Stiefel, Managing Partner Forward AG; Marc Gamba und Jeannette Canzani, Geschäftsführer und Leiterin Operation der Stiftung Auffangeinrichtung BVG berichten.

Wenn fast ein Drittel aller eingehenden Telefonanrufe bei der Weiterleitung verloren geht, wenn Self-Service noch ein Fremdwort ist und wenn die Kunden- und Mitarbeitendenzufriedenheit nach einem Kontakt nicht besser ist als davor, dann muss sich etwas ändern. Die Stiftung Auffangeinrichtung BVG hat dazu in Zusammenarbeit mit den Experten von Forward Partners ein umfassendes Programm lanciert und mittlerweile erfolgreich umgesetzt.

Abbildung 1 – Ausgangslage

Wer mit der Stiftung Auffangeinrichtung BVG in Kontakt tritt, hat meistens ein Anliegen bezüglich seiner Vorsorge. Die Non-Profit-Organisation versichert im Auftrag des Bundes jene Arbeitgeber, die sonst keiner Vorsorgeeinrichtung beitreten können. Auch Selbständige oder Free-Lancer finden hier Anschluss. Arbeitslose sind über die Stiftung gegen Tod und Invalidität versichert. Allein 1,3 Millionen Menschen haben ihre Freizügigkeitskonten in der Stiftung «parkiert», weil sie von einem Arbeitgeber weggegangen sind, ohne gleich zum nächsten zu wechseln. Infolge der negativen Zinsen wuchs die Stiftung seit 2015 jährlich massiv. Um alle kümmern sich heute rund 200 Mitarbeitende an den drei Standorten in Zürich, Lausanne und Bellinzona. Man kann sich vorstellen, dass ihre Aufgabe mitunter frustrierend war, weil sie ihre Kunden nicht schnell zufriedenstellen konnten. Das hat sich seit dem Projektbeginn 2019 erfreulicherweise verändert.

Herausfordernde Ausgangslage

Aus der Ist-Analyse zu Beginn des Projekts gingen wesentliche Problempunkte hervor: Die Prozesse waren sehr stark auf Schriftlichkeit ausgelegt. Den Kunden, die telefonisch in Kontakt traten, konnte nicht unmittelbar geholfen werden. Die extern betriebene 1st-Level-Telefonie war mehr Durchlauferhitzer als Problemlösung. Onlinedienste und Self-Services waren stark unterentwickelt. Herunterladbare pdf-Formulare mussten ausgedruckt und per Post zurückgeschickt werden. Die Website war technisch aufgebaut und half den meisten Kunden schlecht bei der Informationsfindung. Jeder Standort lebte aus der jungen Geschichte heraus noch mit unterschiedlichen Arbeitsphilosophien.

Aus diesem Leidensdruck und den Herausforderungen wurden fünf strategische Ziele formuliert: Die Effizienz sollte ebenso gesteigert werden wie die Kundenzufriedenheit. Damit einher musste die Förderung der Mitarbeitenden und die Erhöhung der Mitarbeitendenzufriedenheit gehen. Weiter galt es, die Qualität des Service über alle Standorte hinweg sicherzustellen. Und schliesslich sollten die Ergebnisse des Programms mittels Scorecards gemessen werden können.

Abbildung 2 – Strategische Ziele

Für die Sicherstellung dieser Ziele wurde ein Umsetzungs-Programm mit dem Titel «Hermes» aufgestellt, mit verschiedenen Handlungsfeldern und rund 26 Teilprojekten. Wer so viele Handlungsfelder identifiziert, steht vor einer grossen Herausforderung. Um sie zu bewältigen, teilte das Projektteam die Aufgabe in drei Phasen auf.

Multikanalkonzept in Phase eins

In der ersten Phase bis Herbst 2019 wurden Grundlagen gelegt und erste Quick Wins realisiert. Die eingehende Telefonie wurde neu organisiert, damit ein grosser Teil der Anrufe direkt von internen Mitarbeitenden entgegengenommen werden konnte, und die Website wurde vollständig neu gestaltet und mit zahlreichen Erklärvideos in vier Sprachen ergänzt. Ebenfalls konnten die Mitarbeitenden am Telefon einem Kunden einen Link zum passenden Formular auf der Website nun auch per SMS oder E-Mail zuschicken – eine gewaltige Fehlerquelle war ausgemerzt und gleichzeitig verkürzte sich die Dauer der Telefonate. Im Hintergrund wurden die IT-Systeme vereinheitlicht und migriert.

Um das Verständnis für das Zielbild einer kundenorientierten Arbeitsweise mit dem gezielten Einsatz von verschiedenen Touchpoints zu schaffen, erarbeitete das Projekt-Kernteam eine Multikanal-Strategie. Mit dem Zielbild vor Augen fanden regelmässige Informationen und Veranstaltungen statt, um die Mitarbeitenden frühzeitig in den Prozess einzubinden.

Abbildung 3 – Umsetzungsphasen

Neue Organisationsstruktur und Digitalisierung ab der zweiten Phase

Im Jahr 2020 nahm in der zweiten Phase des Projekts ein Customer Service Team seine Arbeit auf. Die Mitarbeitenden hier bearbeiten die meisten Kundenanliegen im Bereich berufliche Vorsorge oder Freizügigkeitskonten direkt am Telefon und können dementsprechend schnell helfen – und das in vier Sprachen. Technisch wurden neue Hilfsmittel entwickelt. Webformulare steigern die Kundenfreundlichkeit und verringern die Bearbeitungszeit um bis zu 30 Prozent. Eingehende Briefpost wird wie bis anhin gescannt, die Indexierung und Verteilung kann mittels Texterkennungs-Programm nun elektronisch identifiziert und verteilt sowie die relevanten Daten ins System eingelesen und direkt die jeweiligen Prozesse angestossen werden. Eine «Call-me-Back»-Funktion glättet Anruf-Spitzen und bietet den Kunden geeignete Termine für einen Rückruf.

Die Phase 2 wurde mit der Einführung der Servicorganisation Schweiz abgeschlossen. Dazu wurde eine einheitliche Unité de Doctrine geschaffen für die Bearbeitung der Kundenanliegen. Begleitet von neu definierten Skillsgruppen wird so die standortübergreifende Zuteilung der Anliegen wesentlich erleichtert und der Personaleinsatz über die ganze Organisation hinweg optimiert.

Optimierungen und Qualitätsverbesserungen in der dritten Phase

In der dritten Phase bis Herbst 2021 wurden schliesslich verschiedene Ergänzungen gemacht, mit dem Ziel die Qualität im Kundenkontakt zu steigern. So wurde für die Gespräche am Telefon ein Qualitätsmanagement-System entwickelt, das Ausbildung, Gesprächsleitfaden, Gesprächsanalyse und Coaching beinhaltet. Auf diese Art sind einerseits die einstmals «gefürchteten» unangenehmen Kundengespräche fast verschwunden. Andererseits sind die Mitarbeitenden geschult, diese zu führen. Ebenfalls wurde ein Kundenfeedback-Management eingeführt. Die Rückmeldungen dienen als Input für die laufende Optimierung der Prozesse.

Das externe Contact Center wurde vollständig abgelöst. Sämtliche Telefonanrufe werden nun intern bedient. Dazu mussten lediglich zwei zusätzliche Stellen im Customer Service Team geschaffen werden. Der Rest wurde kompensiert durch Vermeidung der Anrufe infolge besserer Information und Kommunikation, besserer Erstlösung, kürzeren Gesprächszeiten und Verlagerungen der Kontakte auf andere Kanäle, insbesondere in Self-Services. Das Feedback-Management läuft bereits im Testbetrieb. Grundlage ist die Aufzeichnung der Telefongespräche. Die Mitarbeitenden sehen die konstruktive Kritik offenkundig als Chance, sich weiterzuentwickeln. Im Zuge der Erfolge in punkto Kundenzufriedenheit verbesserten sich jedenfalls gleichzeitig die Werte für die Zufriedenheit der Belegschaft.

Nicht alle Ideen, die Forward Partners und das Kernteam des Unternehmens im Rahmen von zahlreichen Workshops mit agilen Methoden generiert und spezifiziert haben, erwiesen sich als sofort umsetzbar. Der Kanal «Chat» – auch per Bot – wurde geprüft und als (noch) nicht passend für die Unternehmung zunächst zurückgestellt. Und statt mit offenen Mails arbeitet man nach den Tests lieber mit (dynamischen) Kontaktformularen, um die Effizienz zu steigern. Die Anforderungen an ein zukünftiges Kundenportal sind formuliert. Vor der Umsetzung sollen jedoch erst einmal die Auswirkungen aller bereits umgesetzten Massnahmen analysiert und darauf basierend der Business Case weiterentwickelt werden.

Erfolg und Erfolgsfaktoren

Das Programm «Hermes» war umfangreich. Es ist mehr als verständlich, dass alle Beteiligten angesichts der Grösse und Komplexität der Herausforderung Respekt verspürten. Umso grösser ist die Freude für alle Stakeholder, dass die Ziele mehr als erreicht wurden. Nicht nur konnte das Projekt im Zeitplan und unter Budget abgeschlossen werden. Auch die bereits erzielten Resultate lassen aufhorchen: Schon Mitte 2021, also vor dem Abschluss, hatte «Hermes» die Investitionen in das Projekt über Einsparungen, Automatisierung und Effizienzgewinne im Service wieder eingespielt. Eindrücklich ist die Reduktion der Kosten pro Kontakt (Schrift und Telefon) um 20 Prozent, erzielt unter anderem durch 250’000 eingehende Dokument welche mit der Texterkennung automatisch erkannt und zugewiesen werden oder durch die 50’000 online übermittelten Webformulare.

Abbildung 4 – Erfolg mit dem Programm

«Wir haben sehr geschätzt, dass Forward Partners grosses Know-how in der Gestaltung von Omnichannel-Kundenbeziehungen und den Möglichkeiten in der Kundenkommunikation mit Erfahrungen im Projekt-Management verbindet und uns so rasche, aber nachhaltige Umsetzungen ermöglichten», sagt Marc Gamba, Geschäftsführer der Stiftung. «Dabei sind sie stets offen für alle Ansätze, da sie unabhängig von Lösungsanbietern sind.» 

Jeannette Canzani, Leiterin Operation ergänzt: «Sehr geholfen hat auch, dass Forward Partners sich schnell in unsere Unternehmung eingefunden hatte und somit sofort verstand, welchen Herausforderungen wir uns stellen müssen.»

Nicht fertig, aber autark

Naturgemäss gehen die Arbeiten immer weiter. In diesem Sinne existiert das Kernteam «Hermes» auch nach dem Programmende weiterhin und verfolgt beispielsweise die KPIs, welche gemeinsam definiert wurden, um gegebenenfalls nachjustieren zu können. Das eingerichtete Feedback-System zeigt zusätzliche Möglichkeiten zu Verbesserung auf. Je mehr die Mitarbeitenden dazu lernen, desto weniger Arbeit dürfte das Kernteam haben. Allerdings entstehen im Kundenmanagement auch immer neue Trends, die evaluiert werden wollen. Über solche Ideen diskutiert ein Innovationsboard zweimal im Jahr. Die Kundinnen und Kunden der Stiftung Auffangeinrichtung BVG wird es freuen.

Autoren

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Daniel Stiefel

Managing Partner

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Marc Gamba

Geschäftsführer der Stiftung Auffangeinrichtung BVG

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Jeannette Canzani

Leiterin Operation, Stiftung Auffangeinrichtung BVG

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