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Innovative digitale Anwendungen im Kundenmanagement von Swisscard

Seit Computer Schweizerdeutsch verstehen, ist Automatisierung im Contact Center möglich.

Es tut sich etwas in der Payment-Industrie. Weltweit wächst der Markt. Sehr viele neue Anbieter, auch Startups aus der Fintech-Szene, bringen sehr viele neue Ideen. In der Schweiz ist man jedoch vergleichsweise traditionell unterwegs. Gerade hat der Einsatz der Debit-Karte die Barzahlung überholt. Es bleibt aber dabei, dass noch immer 75 Prozent aller Zahlungen nicht mit der Kreditkarte abgewickelt werden. In den nächsten Jahren wird es jedenfalls noch nicht ohne Bargeld gehen. Doch die 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Swisscard wollen mit den drei Brands American Express, Visa und Mastercard weiter daran arbeiten, Münzen und Scheine überflüssig zu machen.

Sicherheit und Vertrauen sind dabei selbstverständliche Geschäftsvoraussetzungen. Alle Wettbewerber müssen die in der Branche gebräuchlichen Standards im Bereich Datenschutz und Datensicherheit einhalten. Wer sich abheben will, muss es über die Customer Experience oder mit der Karte verbundene Zusatzleistungen tun. Bei Swisscard sind das beispielsweise Cashback (geldwerte Gutschrift auf das Kartenkonto), Bonuspunkte in Loyalitätsprogrammen (z.B. Bonviva von Credit Suisse), Prämienmeilen beim Distributionspartner Swiss / Miles and More oder sonstige Travel & Lifestyle-Services sowie in die Karte inkludierte Versicherungen. Ebenfalls selbstverständlich ist ein Kunden-Service, der an 365 Tagen rund um die Uhr in vier Sprachen für die Kunden erreichbar ist. 130 Millionen Transaktionen weltweit pro Jahr laufen bei Swisscard höchstautomatisiert ab. Das funktioniert in der Regel reibungslos. Aber gelegentlich haben die Kunden doch das Bedürfnis, mit einem Mitarbeiter persönlich in Kontakt zu treten. Und je nach Produkt – von der Gratis- bis zur Premiumkarte – haben die Kunden dann auch andere Erwartungen. Es gibt bei Swisscard über vierzig unterschiedliche Produktangebote mit unterschiedlichen Ansprüchen an den Service. Das ist nicht leicht zu bewältigen.

Auf diversen Kanälen (z.B. per App oder Internet) bietet Swisscard den Kunden Self-Service an. Die Kunden sind aber recht konservativ: Mit 1,8 Millionen Anrufen pro Jahr ist das Telefon noch immer der wichtigste Kanal. Mit einer Value Irritant Matrix wurde analysiert, wie sich diese Anrufe verteilen. 18 Prozent müssten eigentlich gar nicht stattfinden, da weder Kunde noch Unternehmen den Kontakt wirklich wollen. Hier geht es darum, ein noch besseres Qualitätsmanagement zu betreiben, um den Anruf-Anlass zu eliminieren. 36 Prozent der Anrufe könnte man automatisieren. Bei 25 Prozent muss man in eine noch bessere Customer Experience investieren. Ideal wäre dafür natürlich, wenn man in dem Augenblick, in dem der Kunde anruft, wüsste, was er will. Er muss sich zwar noch identifizieren, aber dann wäre sein Problem sofort lösbar.

Zum schnellen Herausfinden des Anrufgrunds hat Swisscard daher die automatische Spracherkennung Spitch implementiert. Sie versteht Schweizerdeutsch, das tatsächlich 67 Prozent der Anrufer sprechen. Das selbstlernende System kann inzwischen in neunzig Prozent der Fälle den Grund verstehen und den Anrufer zum „Next Best Agent“ weiterleiten. Das Contact Center setzt dabei auf Skill based Routing.

Die Implementierung hat länger gedauert und mehr gekostet als geplant, aber wir würden es wieder machen. Das Potential der Automatisierung ist riesig, nur bis zur Ernte dauert es. Wir haben viel gelernt und viel Mehrwert geschaffen: Das Mehr-Punkte-Programm bei Amex ist sehr erfolgreich. Wir haben nun mehr Zeit für Welcome Calls, bei denen wir erklären, welche Vorteile Kunden durch den Einsatz ihrer American Express Karte haben. Das sorgt für eine bessere Customer Experience und einen Mehrumsatz bei Amex in Vergleich zu einer Kontrollgruppe. Bei der Identifikation der Kunden am Telefon kommt 3D Secure zum Einsatz, bei dem der Anrufer per SMS oder Transakt-App auf die hinterlegte Telefonnummer eine Pushmitteilung bekommt. Wir haben so unsere Prozesse effizienter organisiert und mehr auf den Kunden ausgerichtet.

In vielen internen Abstimmungsmeetings ging es um Entscheidungen zur Technologie, aber das ist nur ein Erfolgsfaktor. Fortschritt gibt es nur mit den Mitarbeitern. Um sie zu motivieren, braucht es Leadership. Wir haben 350 Mitarbeitende in Operations, das ist ein People Business. Man darf den Employee Fokus deshalb nicht unterschätzen. Über Value Charter Trainings haben wir die neue Kultur institutionalisiert. Das ist jetzt überall in der Company sichtbar. Vierzig Prozent der Mitarbeitenden nutzen inzwischen gerne das Homeoffice, mit dem wir gute Erfahrungen gemacht haben. Die Mitarbeiter offenkundig auch: Die Zahl der Kündigungen ging zurück. Eine App hilft beim Planen der Schichtarbeit. Wir achten auf Talent-Entwicklungen und eröffnen Karrierechancen. Für uns bei Swisscard hat sich das Projekt gelohnt: Der NPS stieg um 49 Prozent, die Beschwerden und die Kündigungen sanken beide um rund 40 Prozent. Und die Optimierung ist noch nicht beendet.

Autor

Michael Marek
Michael Marek

Head of Operations

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