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«FORWARD thinking» Newsletter

Dezember 2022 – Ausgabe 02

Wissen ist Macht

Forward Partners ist stolz auf seine älteste Tochter: Unser Service Excellence Cockpit ist die umfassendste Online-Benchmarking-Datenbank in Europa. Im Cockpit ist ablesbar, wie die eigene Service Organisation im Vergleich zu Mitbewerbern dasteht. Die Tiefe der Kundenbeziehung, die Grösse der Customer Loyalty, die Customer Experience oder der Erfolg von einzelnen Kampagnen wird untersucht.

Die Daten nutzen zunächst einmal jedem einzelnen Teilnehmenden. Anonymisiert fliessen sie aber auch in den Service Excellence Report ein. Und so können wir beispielsweise sagen, dass die Bearbeitungszeiten seit 2018 kontinuierlich gestiegen sind. «Ob dies das Resultat einer bewussten Kanalsteuerung (komplexe Anliegen ans Telefon), einer Veränderung des Kundenverhaltens oder eines schlecht organisierten Kundenservice ist, kann jede Organisation selbst am besten einschätzen», erklärt Rémon Elsten.

In den vergangenen fünf Jahren ist auch die Anzahl der Kontakte pro Kunde gewachsen. «Ständig neue Produkte und Dienstleistungen, vermehrt Online-Portale und Apps, mündigere Kunden und das Marketing, welches vermehrt auf die digitale Kundenschnittstelle setzt, treiben die Kontaktrate im Service in die Höhe», so Rémon Elsten. Es sei ein Fehler, wenn Organisationen keine Service Strategie aufstellten, um diesen Entwicklungen zu begegnen. «Wenn Organisationen keinen Freiraum für die Service Mitarbeitenden schaffen, werden diese niemals in der Lage sein, Kontakte in werthaltige Dialoge umzuwandeln und damit einen Mehrwert zu generieren.»

Bemerkenswert, wenn auch nicht überraschend, sind die hohen Ausschläge bei der Nutzung vom Home-Office in den Pandemie-Jahren. «Jetzt sind wir gespannt, ob die Mitarbeitenden zuhause bleiben werden», sagt der Experte. Auch in Zukunft bleibt nach aktueller Planung der Anteil der Heimarbeitsplätze bei über fünfzig Prozent. Das steigert die Attraktivität des Arbeitsplatzes und ist ein Mittel, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. Die Qualität der Dienstleistung darf aber nicht leiden. Die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeitenden ist unverzichtbar. Und wenn man im Service mehr automatisieren würde? Derzeit geschieht das nach den Daten des Service Excellence Reports noch zu langsam. Rémon Elsten ist überzeugt: «Wer jetzt einfache Anliegen nicht automatisiert erledigt, wird – verstärkt durch den Fachkräftemangel – ganz sicher seine Kunden und Kundinnen verärgern.»

Die bekannte Unbekannte macht sich fit

Die Stiftung Auffangeinrichtung BVG kümmert sich im Auftrag des Bundes um rund 42’000 BVG-Versicherte, versichert etwa 121’800 Arbeitslose, verwaltet das Freizügigkeitsvermögen von 1,3 Millionen Kundinnen und Kunden und hat 217 Mitarbeitende an drei Standorten. Kundinnen und Kunden – also die Empfänger von Leistungen – sitzen in über hundert Ländern weltweit: Die Institution ist nicht klein. Trotzdem ist sie nicht halb so bekannt wie sie eigentlich sollte. «‹Auffangeinrichtung BVG› klingt vielleicht nicht so attraktiv», sagt Geschäftsführer Marc Gamba. «Aber wir sorgen für ein Grundlevel an Gerechtigkeit.» Hier kann sich jeder nach dem Berufsvorsorgegesetz versichern, der sonst nirgendwo unterkommt. Hier werden Freizügigkeitsgelder zwischengelagert, wenn man bei einem Arbeitgeber aufhört und nicht sofort beim nächsten anfängt. Und hier werden Arbeitgeber kontrolliert, ob sie ihre Angestellten alle ordnungsgemäss angemeldet haben.

Unzufriedenheit durch Ineffizienz

Marc Gamba ist seit 2017 im Amt. Damals erreichten die Kundinnen und Kunden die Mitarbeitenden telefonisch über ein externes Callcenter oder über Briefe. Das dauerte. «Wir mussten dringend effizienter werden und dabei noch die Kundenzufriedenheit steigern», so Gamba. «Gleichzeitig sollte über Ausbildungsmassnahmen und moderne Arbeitsmittel die Mitarbeiterzufriedenheit besser werden. Und all das sollte messbar sein.» Von 2017 bis 2018 plante er deshalb mit Daniel Stiefel und Rémon Elsten von Forward Partners das Projekt «Hermes», das nicht nur die Telefonie, sondern die ganze Organisation reformieren sollte.

26 Teilprojekte 

«Hermes» wurde so umfangreich wie respekteinflössend. Um mit der Vielzahl an Aufgaben umgehen zu können, teilte das Team das Projekt in drei Module und 26 Teilprojekte. Nach der Bestandsaufnahme der Servicequalität unter anderem mit Hilfe des Service Excellence Cockpits ging es zunächst einmal um eine Zusammenführung der beiden Geschäftssysteme. Anschliessend wurde das Multikanalmanagement eingeführt und brachte erste Effizienzgewinne. Schliesslich – bis Herbst 2021 – gab es eine Phase der Konsolidierung und Optimierung.

Lösungen sind kein «Hexenwerk»

Eine neue Website mit Suchfunktionen und Erklärvideos entlastet die Mitarbeitenden ungemein, weil nun auskunftssuchende Kundinnen und Kunden vieles allein herausfinden können. Ein Kontaktformular sorgt dafür, dass die Mitarbeitenden gleich alle Daten der Kundinnen und Kunden vorliegen haben. Es gibt kein «Ping-Pong» mehr, das spart Zeit. Statt gefühlte Ewigkeiten in einer Warteschleife am Telefon zu hängen, gibt es eine Call-meBack-Funktion. «Das kommt bei unseren Kunden sehr gut an», sagt Jeannette Canzani, Leiterin Operations.

Wirkung des Projekts

Eine halbe Million Anrufe erreichte die Mitarbeitenden vor 2017 jedes Jahr. Durch das Projekt hat sich die Anzahl halbiert. Und das Abarbeiten der Anliegen geht nun schneller. «Früher brauchte man beispielsweise für eine Einzahlung 6 ½ Minuten», sagt Marc Gamba. «Heute sind es 20 Sekunden.» Noch vor Abschluss des Projekts waren durch Effizienzgewinne die Kosten für «Hermes» wieder eingespielt.

Erfolgsfaktoren

«Hermes» hatte die volle Aufmerksamkeit des Managements, aber das allein hätte nicht genug bewirkt. «Zum Kernteam gehörten alle Abteilungsleitenden», sagt Daniel Stiefel. «Praktiker und die eigene IT haben von Anfang an gut zusammengearbeitet.» Und auch die Mitarbeitenden hätte mitgezogen, so Marc Gamba. Um sich diese Unterstützung zu sichern, hatte sich das Projektteam sechs Monate Zeit für den Changeprozess genommen. Jedem Einzelnen wurde erklärt, was auf ihn zukommt. Der Geschäftsführer sieht in der schwierigen Situation vor Projektbeginn die grösste Motivation: «Der Leidensdruck war gross. Und uns allen war klar, dass wir an unserer eigenen Zukunft bauen.» Rund 300 Verbesserungsvorschläge aus der Belegschaft geben ein Hinweis darauf. Jeannette Canzani ergänzt: «Man muss der Organisation Vertrauen schenken. Die Leute wollten etwas Neues schaffen.»

Werte für die Wertschöpfung

Professor Nils Hafner, Senior Advisor von Forward Partners, forscht seit Jahren an den Trends im Customer Relationship Management. Als Trendthema Nummer Eins hat er in seinem Customer Experience Radar für 2023 «Werte» identifiziert. «Gemeinsame Werte sind die Grundlage für Vertrauen», erläutert er. «Und Vertrauen sorgt für schnelle Kundeninteraktionen.» Innerhalb eines Unternehmens münden Werte in die Gestaltung von Kundenerlebnissen. Und viele Erlebnisse ergeben für die Kundinnen und Kunden ein Bild vom Unternehmen, das im Idealfall die Basis für Vertrauen ist. «Immerhin ist ein CRM-System, das Kunden bei wiederholten Interaktionen mit dem Unternehmen wiedererkennt, inzwischen eine Commodity», so Hafner. «Doch erst ein Drittel aller Unternehmen weiss, was seine Kunden wollen und erleben.» Er warnt vor einer Stolperfalle: Wer zu viele Daten sammle, überschreite leicht die Linie zwischen Ignoranz und Stalking. «Es gibt eine ‹Line of Spookiness›, ab der es für einzelne Menschen unheimlich ist, wie viel das Unternehmen weiss – selbst wenn das Kundenleben dadurch bequemer ist.»

Unternehmen dürfen Kundenerwartungen nie enttäuschen, das ginge auf Kosten der Loyalität. Also muss die Service Excellence hoch sein. «Firmen stehen vor der Frage, wie sie beim Customer Experience Management die Komplexität reduzieren können.» Ausser Frage steht für den Dozenten an der Hochschule Luzern, dass man dafür Mitarbeitende befähigen und motivieren muss. Gleichzeitig könne Automatisierung einen Ausweg bieten. «Es gilt der Satz: Jedes E-Mail ist ein Versagen der Website.» Kundinnen und Kunden, die auf der Homepage Erklärungen finden, eine einfache Suchfunktion nutzen können und denen Links zu noch mehr Informationen zur Verfügung gestellt werden, verursachen keine Kosten im Service-Center. «Wir wissen aus Studien, dass achtzig Prozent alle Anfragen, die im Service Center bearbeitet werden, automatisiert erledigt werden könnten. Ein Bot kann Termine vereinbaren oder den Kontostand bekanntgeben. Conversational Automation ist ein grosser Trend.»

Schlauer werden mit der Forward Academy

Seit 2006 arbeiten wir von Forward Partners daran, die Service Qualität in Unternehmen zu verbessern. Mit dem Excellence Cockpit können wir belegen, dass ein besserer Service sich auszahlt, und dass man sich kontinuierlich verbessern kann. Seit drei Jahren nun sind wir in der Ausbildung aktiv. Die Forward Partners Academy bietet derzeit zwei Lehrgänge für Praktiker an.

Sechs Module und sechs Unterrichtstage braucht es, um «Service Excellence Professional» zu werden. Unsere Dozenten erklären die wichtigsten Aspekte des Kundenmanagements. Hinterher weiss man, wie man das Service Center strategisch in das Unternehmen einbettet, wo innerhalb der Customer Journey der Service zum Tragen kommt, welche Gesetze zu beachten sind, welche Tools wirklich nützlich sind, und mit welchen Kennzahlen man die Organisation zu Service Excellence führt. Es ist hilfreich, einen konkreten Projektantrag zu verfassen und diesen mit Hilfe der Kursleitenden so zu optimieren, dass er bestimmt von den Vorgesetzten genehmigt wird. Die Teilnehmenden bestätigten uns aber auch, wie sehr sie es genossen hätten, sich durch die Studientage und die Gruppenarbeiten mit anderen Service Excellence Profis zu vernetzen.

Am 3. März beginnt die nächste Durchführung in Zürich, Kosten 4800 Franken.

Weiter bieten wir ein zweitägiges Seminar «Conversational Bots & AI» an. Wer vor der Aufgabe steht, moderne Kommunikationsprozesse in seinem Unternehmen einzuführen, bekommt hier das nötige Rüstzeug. Welche Conversational Systeme passen zu welcher Service Strategie? Wie sieht ein Use Case aus – und wie setzt man ihn um? Welches System harmoniert mit meiner IT-Architektur? Und wie konfiguriere ich meinen ersten Chatoder Voicebot ohne Programmiersprachen zu können oder Software-Codes einsetzen zu müssen? Am 18. und 19. April kann man sich in Zürich für 1800 Franken schlau machen.

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